Verordnung über das Anlaufen der inneren Gewässer der Bundesrepublik Deutschland aus Seegebieten seewärts der Grenze des deutschen Küstenmeeres und das Auslaufen

Ausfertigungsdatum: 18.02.2004Text auf gesetze-im-internet.de

Weitere InformationenVollzitat:"Anlaufbedingungsverordnung vom 18. Februar 2004 (BGBl. I S. 300), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 19. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4717) geändert worden ist"Status:Zuletzt geändert durch Art. 3 V v. 28.6.2016 I 1504
Änderung durch Art. 3 V v. 19.10.2021 I 4717 (Nr. 75) textlich nachgewiesen, dokumentarisch nicht abschließend bearbeitet
Fußnote:
(+++ Textnachweis ab: 28.2.2004 +++)
(+++ Amtliche Hinweise des Normgebers auf EG-Recht:
Umsetzung der
EURL 65/2010 (CELEX Nr: 32010L0065) vgl. V v. 8.3.2012 I 483
EURL 100/2014 (CELEX Nr: 32014L0100) vgl. V v. 1.3.2016 I 329 +++)

§ 1Geltungsbereich

(1) Schiffe, die aus Seegebieten seewärts der Grenze des deutschen Küstenmeeres kommend die inneren Gewässer der Bundesrepublik Deutschland anlaufen, aus diesen auslaufen oder in diesen verkehren, haben zur Verhütung, Entdeckung, Überwachung und Verringerung von Verschmutzungen der Meeresumwelt durch Schiffe sowie zur Erhöhung der Sicherheit und Leichtigkeit des Seeverkehrs und zur Verhütung von Unfällen die in der Anlage genannten Bedingungen für das An- und Auslaufen einzuhalten.
(2) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat die Anlage nach ihrer Verkündung mindestens einmal jährlich in deutscher Sprache und einer englischen Übersetzung in den "Nachrichten für Seefahrer" bekannt zu machen.
(3) Diese Verordnung gilt nicht
1.
für Schiffe, die zu hoheitlichen Zwecken eingesetzt sind und nicht Handelszwecken dienen, insbesondere Dienstschiffe und Forschungsschiffe, sowie Schiffe im Lotsenversetzdienst,
2.
mit Ausnahme der Nummern 3.1 und 8 der Anlage für Kriegsschiffe anderer Staaten und sonstige staatliche Schiffe, die nicht zu Handelszwecken eingesetzt werden,
3.
für Traditionsschiffe, deren Rumpflänge 45 Meter nicht übersteigt,
4.
für Sportfahrzeuge, die für nicht mehr als zwölf Personen zugelassen sind und deren Rumpflänge 45 Meter nicht übersteigt.
(4) Diese Verordnung gilt ferner nicht für Bunker auf Schiffen unter 1 000 BRZ, Bordvorräte und Schiffsausrüstung.

§ 2Folgen von Verstößen

(1) Ein Schiff, dessen Schiffsführer, Betreiber oder Agent die in der Anlage festgelegten Bedingungen für das An- und Auslaufen nicht erfüllt hat, wird von der jeweils zuständigen Verkehrszentrale zunächst auf diesen Umstand hingewiesen. Werden die vorgeschriebenen Meldungen dennoch nicht abgegeben, können die zuständigen Behörden diesen Umstand als hinreichenden Verdacht eines Verstoßes gegen die anwendbaren Schiffssicherheitsvorschriften ansehen und eine Kontrolle des Schiffes im Bereich der deutschen Hoheitsbefugnisse durchführen.
(2) Jedes Schiff, dessen Betreiber, Agent oder Schiffsführer gegen die Meldepflicht nach Nummer 2.1.2 oder 2.2.2 der Anlage verstößt, wird im deutschen Bestimmungshafen einer erweiterten Überprüfung im Sinne des Artikels 14 der Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Hafenstaatkontrolle (Neufassung) (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 57) in der jeweils geltenden Fassung unterzogen.

§ 3Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Seeaufgabengesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 1 Abs. 1 in Verbindung mit den Nummern 2.1.1, 2.1.2, 2.2.1 oder 2.2.2 der Anlage eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
(1a) (weggefallen)
(2) Die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 wird auf die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt übertragen.

Anlage(zu § 1 Abs. 1)

(Fundstelle: BGBl. I 2004, 301 – 305; bzgl. der einzelnen Änderungen vgl. Fußnote)
1
Begriffsbestimmungen
1.1
"Betreiber": Eigentümer, Reeder, Charterer oder Manager des Schiffes;
1.2
"Agent": jede Person, die dazu befugt oder beauftragt ist, im Namen des Schiffsbetreibers alle Schiffs- und Ladungsinformationen zu übermitteln;
1.3
"gefährliche Güter":
-
Stoffe und Gegenstände, die unter die jeweiligen Begriffsbestimmungen für die Klassen 1 bis 9 des IMDG-Codes fallen,
-
Stoffe, die bei der Beförderung als Schüttladung im IMSBC-Code als gefährliche Güter klassifiziert sind, oder
-
Stoffe, die in Tankschiffen befördert werden sollen und
a)
denen eine UN-Nummer zugeordnet worden ist oder
b)
die in Kapitel 17 des IBC-Codes aufgeführt sind und denen dort eine Verschmutzungskategorie zugeordnet ist und die in Kapitel 18 des IBC-Codes aufgeführt sind und denen dort eine Verschmutzungskategorie zugeordnet ist oder
c)
die in Kapitel 19 des IGC-Codes aufgeführt sind,
-
die im INF-Code genannten radioaktiven Stoffe;
1.4
"umweltschädliche Güter":
-
Rohöl und Mineralölerzeugnisse laut Begriffsbestimmung in Anlage I des MARPOL-Übereinkommens,
-
flüssige Schadstoffe laut Begriffsbestimmung in Anlage II des MARPOL-Übereinkommens,
-
Schadstoffe laut Begriffsbestimmung in Anlage III des MARPOL-Übereinkommens;
1.5
"MARPOL-Übereinkommen": das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und das dazugehörige Protokoll von 1978 (BGBl. 1982 II S. 2), in der jeweils nach Maßgabe des deutschen Rechts geltenden Fassung;
1.6
"Kollisionsverhütungsregeln": die Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (BGBl. 1977 I S. 813), in der jeweils nach Maßgabe des deutschen Rechts geltenden Fassung;
1.7
"IMDG-Code": der International Maritime Dangerous Goods Code, in der amtlichen deutschen Übersetzung, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 28. Februar 2009 (VkBl. 2009 S. 102);
1.8
"IBC-Code": der Internationale Code für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen zur Beförderung gefährlicher Chemikalien als Massengut (BAnz. Nr. 125a vom 12. Juli 1986), in der jeweils nach Maßgabe des deutschen Rechts geltenden Fassung;
1.9
"IGC-Code": der Internationale Code für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut (BAnz. Nr. 125a vom 12. Juni 1986), in der jeweils nach Maßgabe des deutschen Rechts geltenden Fassung;
1.10
„IMSBC-Code“: der International Maritime Solid Bulk Cargoes Code in der amtlichen deutschen Übersetzung bekannt gegeben am 15. Dezember 2009 (VkBl. 2009 S. 775);
1.11
"INF-Code": der Internationale Code für die sichere Beförderung von verpackten bestrahlten Kernbrennstoffen, Plutonium und hochradioaktiven Abfällen (BAnz. 2000 S. 23322) in der jeweils nach Maßgabe des deutschen Rechts geltenden Fassung;
1.12
"Hafenbehörde": Behörde oder sonstige Stelle, die für die Entgegennahme und Weitergabe von Hafenanlaufmeldungen zuständig ist;
1.13
"Maritime Verkehrssicherung": die von der Verkehrszentrale zur Verhütung von Kollisionen und Grundberührungen, zur Verkehrsablaufsteuerung oder zur Verhütung von der Schifffahrt ausgehender Gefahren für die Meeresumwelt gegebenen Verkehrsinformationen und Verkehrsunterstützungen sowie erlassenen Verfügungen zur Verkehrsregelung und -lenkung;
1.14
"Verkehrsinformationen": nautische Warnnachrichten sowie Mitteilungen der Verkehrszentrale über die Verkehrslage, Fahrwasser- sowie Wetter- und Tideverhältnisse, die zu festgelegten Zeiten in regelmäßigen Abständen oder auf Anforderung einzelner Schiffe gegeben werden;
1.15
"Verkehrsunterstützungen": Hinweise und Warnungen der Verkehrszentrale an die Schifffahrt und Empfehlungen im Rahmen einer Schiffsberatung von der Verkehrszentrale aus durch Seelotsen nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes über das Seelotswesen, die bei verminderter Sicht, auf Anforderung oder wenn die Verkehrszentrale es auf Grund der Verkehrsbeobachtung für erforderlich hält, gegeben werden und sich entsprechend den Erfordernissen der Verkehrslage, der Fahrwasser- sowie der Wetter- und Tideverhältnisse auch auf Positionen, Passierzeiten, Kurse, Geschwindigkeiten oder Manöver bestimmter Schiffe erstrecken können;
1.16
"Verkehrsregelungen": schifffahrtspolizeiliche Verfügungen der Verkehrszentrale im Einzelfall, die entsprechend den Erfordernissen der Verkehrslage, der Fahrwasser- sowie der Wetter- und Tideverhältnisse Regelungen über Vorfahrt, Überholen, Begegnen, Höchst- und Mindestgeschwindigkeiten oder über das Befahren einer Seeschifffahrtsstraße umfassen können;
1.17
"Innere Deutsche Bucht" (German Bight): das Seegebiet ergibt sich aus dem Anhang zu dieser Anlage;
1.18
"UN-Nummer": die zum Stoff gehörende Nummer gemäß den Empfehlungen, die vom Ausschuss der Sachverständigen der Vereinten Nationen für die Beförderung gefährlicher Güter vorgeschlagen wurde und in den in den Nummern 1.7 bis 1.10 dieser Anlage genannten Codes aufgeführt ist;
1.19
"AIS": Automatisches Schiffsidentifizierungssystem der Regel V/19.2.4 des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (BGBl. 1979 II S. 141), das zuletzt nach Maßgabe des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. 2003 II S. 2018) geändert worden ist.
2
Meldungen an die Zentrale Meldestelle
2.1
Allgemeine Meldungen
2.1.1
Meldung vor Einlaufen nach der Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr (ABl. L 208 vom 5.8.2002, S. 10), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/100/EU (ABl. L 308 vom 29.10.2014, S. 82) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
2.1.2
Meldungen nach Ein- und Auslaufen nach der Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Hafenstaatkontrolle (Neufassung) (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 57) in der jeweils geltenden Fassung
2.2
Besondere Meldungen
2.2.1
Meldung vor Einlaufen und vor Auslaufen für Gefahrguttransporte nach der Richtlinie 2002/59/EG
2.2.2
Meldung vor Einlaufen für erweiterte Überprüfung nach der Richtlinie 2009/16/EG
2.3
Zentrale Meldestelle und Meldeverfahren
2.3.1
Zentrale Meldestelle
2.3.2
Ersatzmeldestelle bei erweiterten Überprüfungen
2.3.3
Meldeverfahren
2.4
Möglichkeit der befreienden Meldung an eine Hafenbehörde
2.5
Ausnahmeregelung für Liniendienste
2.5.1
Nationale Liniendienste
2.5.2
Internationale Liniendienste
2.6
Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 (ABl. L 283 vom 29.10.2010, S. 1)
3
Meldungen bei Anlaufen bestimmter Seegebiete
3.1
Meldung bei Ansteuerung der Inneren Deutschen Bucht
3.2
Meldung bei Anlaufen des bundeseigenen Hafens Helgoland
4
(weggefallen)
5
Maritime Verkehrssicherung
5.1
Der Schiffsverkehr wird im Rahmen der maritimen Verkehrssicherung überwacht.
5.2
Zur Gewährleistung einer sicheren Schiffsführung hat der Schiffsführer im Rahmen seiner seemännischen Sorgfaltspflicht gemäß Regel 2 der Kollisionsverhütungsregeln beim An- und Auslaufen die in deutscher, auf Anforderung in englischer Sprache gegebenen Verkehrsinformationen und -unterstützungen unverzüglich entsprechend den Bedingungen der jeweiligen Verkehrssituation zu berücksichtigen und den getroffenen Verkehrsregelungen nachzukommen.
5.3
Die Tätigkeit der maritimen Verkehrssicherung entbindet den Schiffsführer nicht von der Pflicht, eigenverantwortlich die Kollisionsverhütungsregeln und im Bereich der deutschen Hoheitsbefugnisse die ergänzenden nationalen Sondervorschriften zu befolgen.
6
Verpflichtung zur Benutzung des Verkehrstrennungsgebietes "German Bight Western Approach" (Tiefwasserweg)
7
Wegerechtschiffe
7.1
Schiffe, die die Innere Deutsche Bucht anlaufen, gelten als Wegerechtschiffe, wenn sie auf den Fahrtstrecken vom Feuerschiff "GB" oder von der Tiefwasserreede zur Jade, Weser oder Elbe auf Grund ihres Tiefgangs in den voraus liegenden Revieren tidegebunden fahren müssen und deshalb das Wegerecht in Anspruch nehmen. Sie haben dies der zuständigen Verkehrszentrale zu melden. Sie gelten als manövrierbehinderte Schiffe im Sinne der Regel 3 Buchstabe g der Kollisionsverhütungsregeln und haben die Lichter und Signalkörper nach Regel 27 Buchstabe b der Kollisionsverhütungsregeln zu führen.
7.2
Die Revierfahrt darf nur dann angetreten werden, wenn in Absprache mit der zuständigen Verkehrszentrale der Tidefahrplan des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes eingehalten werden kann.
8
Verpflichtung zur Annahme eines Lotsen
9
(weggefallen)

Anhang(zu § 1 Abs. 1 Nr. 1.17)