Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Gold- und Silberschmiede-Handwerk

Ausfertigungsdatum: 08.05.2003Text auf gesetze-im-internet.de

Weitere InformationenVollzitat:"Gold- und Silberschmiedemeisterverordnung vom 8. Mai 2003 (BGBl. I S. 672), die zuletzt durch Artikel 2 Absatz 42 der Verordnung vom 18. Januar 2022 (BGBl. I S. 39) geändert worden ist"Status:Zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 42 V v. 18.1.2022 I 39Fußnote:
(+++ Textnachweis ab: 1.8.2003 +++)
(+++ Zur Anwendung vgl. § 9 +++)

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), der durch Artikel 135 Nr. 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 22. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4206) verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung:

§ 1Gliederung und Inhalt der Meisterprüfung

Die Meisterprüfung im Gold- und Silberschmiede-Handwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile:
1.
die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der gebräuchlichen Arbeiten (Teil I),
2.
die Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II),
3.
die Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und
4.
die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV).

§ 2Meisterprüfungsberufsbild

(1) Durch die Meisterprüfung im Gold- und Silberschmiede-Handwerk wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbständig zu führen, Leitungsaufgaben in den Bereichen Technik, Betriebswirtschaft, Personalführung und -entwicklung wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen und seine berufliche Handlungskompetenz selbständig umzusetzen und an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen.
(2) Dem Gold- und Silberschmiede-Handwerk werden zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten als ganzheitliche Qualifikationen zugerechnet:
1.
Kundenwünsche ermitteln, Kunden beraten, Auftragsverhandlungen führen und Auftragsziele festlegen, Leistungen kalkulieren und Angebote erstellen,
2.
Aufgaben der technischen und kaufmännischen Betriebsführung, der Betriebsorganisation, der Personalplanung und des Personaleinsatzes wahrnehmen, insbesondere unter Berücksichtigung der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Qualitätsmanagements, der Haftung sowie des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und des Umweltschutzes, einschließlich der Verwendung lösemittelarmer oder wasserbasierender, lösemittelfreier Produkte; Informationssysteme nutzen,
3.
Aufträge durchführen unter Berücksichtigung von Fertigungsverfahren, Instandhaltungsalternativen, berufsbezogenen Gesetzen, Normen, Regeln und Vorschriften sowie des Personalbedarfs und der Ausbildung; Auftragsbearbeitung und Auftragsabwicklung organisieren, planen und überwachen,
4.
technische Arbeitspläne, technische Zeichnungen, Skizzen, Entwürfe und Modelle unter Berücksichtigung kreativer Gestaltungsaspekte auch unter Einsatz von rechnergestützten Systemen erstellen,
5.
Gold- und Silberschmiedearbeiten planen, entwerfen, herstellen, montieren und instand halten, dabei insbesondere die Bedeutung der Stilkunde, der sakralen Symbolik, der Heraldik, der Kunstgeschichte sowie der historischen und zeitgemäßen Entwicklung der Gold- und Silberschmiedekunst berücksichtigen,
6.
Arten und Eigenschaften zu verarbeitender Werkstoffe, einschließlich der Verfahren zur Oberflächenbehandlung bei der Planung und Fertigung von Gold- und Silberschmiedearbeiten berücksichtigen,
7.
Edelsteine, Perlen, Natur- und Kunststoffe sowie deren Synthesen, Dubletten und Imitationen prüfen, unterscheiden und bewerten,
8.
mechanische, chemische und elektrochemische Be- und Verarbeitungsverfahren zur Fertigung von Gold- und Silberschmiedearbeiten beherrschen, insbesondere Spanen, Umformen und Fügen,
9.
Legieren, Schmelzen und Gießen von Edelmetallen beherrschen, Guss- und Formteile gestaltend bearbeiten,
10.
Oberflächen unter Berücksichtigung kreativer Gestaltungsaspekte bearbeiten und veredeln,
11.
Fehler und Schäden an Gold- und Silberschmiedearbeiten feststellen, Maßnahmen zur Beseitigung von Fehlern und Schäden beherrschen, Ergebnisse bewerten und dokumentieren,
12.
Leistungen abnehmen und protokollieren, Nachkalkulation durchführen.

§ 3Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils I

(1) Der Teil I der Meisterprüfung umfasst folgende Prüfungsbereiche:
1.
ein Meisterprüfungsprojekt und ein darauf bezogenes Fachgespräch,
2.
eine Situationsaufgabe.
(2) Die Anfertigung des Meisterprüfungsprojekts soll nicht länger als 14 Arbeitstage und das Fachgespräch nicht länger als 30 Minuten dauern. Die Ausführung der Situationsaufgabe soll acht Stunden nicht überschreiten.
(3) Meisterprüfungsprojekt, Fachgespräch und Situationsaufgabe werden gesondert bewertet. Die Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt und im Fachgespräch werden im Verhältnis 3:1 gewichtet. Hieraus wird eine Gesamtbewertung gebildet. Diese Gesamtbewertung wird zum Prüfungsergebnis der Situationsaufgabe im Verhältnis 2:1 gewichtet.
(4) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder im Meisterprüfungsprojekt noch im Fachgespräch noch in der Situationsaufgabe mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf.

§ 4Meisterprüfungsprojekt

(1) Der Prüfling hat ein Meisterprüfungsprojekt durchzuführen, das einem Kundenauftrag entspricht. Der Prüfling wählt eine Aufgabe gemäß Absatz 2 und erarbeitet einen Vorschlag für das Meisterprüfungsprojekt. Vor der Durchführung des Meisterprüfungsprojekts hat der Prüfling den Entwurf, einschließlich einer Zeitplanung, dem Meisterprüfungsausschuss zur Genehmigung vorzulegen.
(2) Als Meisterprüfungsprojekt ist eine der nachfolgenden Gold- oder Silberschmiedearbeiten herzustellen:
1.
ein mit Juwelen oder edlen Steinen auszufassendes Schmuckstück oder ein Schmuckstück ohne Steine,
2.
ein profanes oder sakrales Erzeugnis aus edlen Metallen.
(3) Das Meisterprüfungsprojekt nach Absatz 2 besteht aus:
1.
Entwurf, Werkstattzeichnung, Kalkulation und Arbeitsplan,
2.
Anfertigung der Gold- oder Silberschmiedearbeit.
(4) Entwurf, Werkstattzeichnung, Kalkulation und Arbeitsplan werden zusammen mit 45 vom Hundert und die angefertigte Gold- oder Silberschmiedearbeit mit 55 vom Hundert gewichtet.

§ 5Fachgespräch

Auf der Grundlage der Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt wird ein Fachgespräch geführt. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, dass er den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösung darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.

§ 6Situationsaufgabe

(1) Die Situationsaufgabe vervollständigt den Qualifikationsnachweis für das Gold- und Silberschmiede-Handwerk.
(2) Als Situationsaufgabe ist eine der nachstehend aufgeführten Aufgaben unter Berücksichtigung von kreativen Gestaltungsaspekten, Qualität, Zeit, Materialeinsatz und Arbeitsorganisation auszuführen und zu dokumentieren. Die konkrete Aufgabenstellung erfolgt durch den Meisterprüfungsausschuss:
1.
ein Schmuckstück, ein Gerät oder ein Teil davon anfertigen oder instand setzen; dabei mehrere Fertigungstechniken anwenden,
2.
eine Platte mit edlen Steinen ausfassen; dabei Fassungsart sowie Form und Farbe der Steine berücksichtigen.

§ 7Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils II

(1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling durch Verknüpfung gestalterischer, konzeptioneller, technologischer, ablaufbezogener, verfahrenstechnischer, werkstofftechnischer und mathematischer Kenntnisse nachweisen, dass er Probleme analysieren und bewerten sowie geeignete Lösungswege aufzeigen und dokumentieren kann.
(2) Prüfungsfächer sind:
1.
Gestaltung und Technik,
2.
Auftragsabwicklung,
3.
Betriebsführung und Betriebsorganisation.
(3) In jedem der Prüfungsfächer ist mindestens eine Aufgaben zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss:
1.
Gestaltung und Technik
2.
Auftragsabwicklung
3.
Betriebsführung und Betriebsorganisation
(4) Die Prüfung im Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll insgesamt nicht länger als acht Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden.
(5) Wurden in höchstens zwei der in Absatz 2 genannten Prüfungsfächer jeweils mindestens 30 und weniger als 50 Punkte erreicht, kann in einem dieser Prüfungsfächer eine mündliche Ergänzungsprüfung durchgeführt werden, wenn diese das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht.
(6) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Die Prüfung des Teils II ist nicht bestanden, wenn
1.
ein Prüfungsfach mit weniger als 30 Punkten bewertet worden ist oder
2.
nach durchgeführter Ergänzungsprüfung zwei Prüfungsfächer jeweils mit weniger als 50 Punkten bewertet worden sind.

§ 8Allgemeine Prüfungs- und Verfahrensregelungen, weitere Regelungen zur Meisterprüfung

(1) Die Vorschriften der Meisterprüfungsverfahrensverordnung bleiben unberührt.
(2) Die Prüfung in den Teilen III und IV der Meisterprüfung bestimmt sich nach der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung vom 26. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2149) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 9Übergangsvorschrift

Die Regelungen des § 7 Absatz 5 und 6 gelten nicht für die bis zum 31. Dezember 2011 begonnenen Prüfungsverfahren. Diese werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 10Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. August 2003 in Kraft.