Verordnung über die Festsetzung des Nationalparks Sächsische Schweiz

Ausfertigungsdatum: 12.09.1990Text auf gesetze-im-internet.de

Weitere InformationenVollzitat:"Verordnung über die Festsetzung des Nationalparks Sächsische Schweiz vom 12. September 1990 (GBl. DDR 1990, SDr. 1470)"Fußnote:
Fortgeltendes Recht der ehem. Deutschen Demokratischen Republik gem. Art. 3 Nr. 30 Buchst. e EinigVtrVbg v. 18.9.1990 II 1239 nach Maßgabe d. Art. 9 EinigVtr v. 31.8.1990 iVm Art. 1 G v. 23.9.1990 II 885, 889 mWv 3.10.1990.

Eingangsformel

Auf Grund des Art. 6 § 6 Nr. 1 des Umweltrahmengesetzes vom 29. Juni 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 649) in Verbindung mit §§ 12 und 14 des Bundesnaturschutzgesetzes wird verordnet:

§ 1Festsetzung

(1) Die Vordere und Hintere Sächsische Schweiz werden in dem in § 2 näher bezeichneten Umfang als Nationalpark festgesetzt.
(2) Der Nationalpark erhält die Bezeichnung "Nationalpark Sächsische Schweiz".

§ 2Flächenbeschreibung und Abgrenzung

(1) Zum Nationalpark gehören die fast geschlossenen Wald-Fels-Gebiete der Vorderen und Hinteren Sächsischen Schweiz mit Felsrevieren, Tafelbergen, Ebenheiten, Schlüchten und Tälern des Quadersandsteins einschließlich Kuppen und Hanglagen aus Basalt und Granit. Einbezogen sind die natürlichen und naturnahen Wasserläufe und Uferzonen von Kirnitzsch und Polenz mit ihrem ausgeprägten Wildbachcharakter und deren Zuflüsse sowie am Rand liegende, teilweise stark hängige und strukturierte Offenlandbereiche in enger Verzahnung zu Waldflächen.
(2) Die Grenzen des Nationalparkes verlaufen wie folgt:
1.
In der Vorderen Sächsischen Schweiz
a)
im Nordwesten
b)
im Norden
c)
im Osten
d)
im Süden
e)
im Westen
2.
In der Hinteren Sächsischen Schweiz
a)
im Nordwesten und Norden
b)
im Norden und Nordosten
c)
im Osten und Süden
d)
im Westen
(3) Aus der Fläche des Nationalparkes wird das Betriebsgelände Bandstahlveredlung Porschdorf am Eingang des Polenztales ausgegrenzt.
(4) Die Grenzen des Nationalparkes sind in einer Karte M 1:50.000, die als Anlage Bestandteil dieser Verordnung ist, dargestellt. Darüber hinaus sind die Grenzen des Nationalparkes in Forstkarten M 1:25.000 (Stand 01. Januar 1986) rot eingetragen, die bei der obersten Naturschutzbehörde archivmäßig verwahrt werden und auf die Bezug genommen wird. Weitere Ausfertigungen befinden sich bei der Nationalparkverwaltung und der Kreisverwaltung. Bei den genannten Behörden sind die Karten während der Sprechzeiten allgemein zugänglich.

§ 3Schutzzweck

(1) Mit der Festsetzung zum Nationalpark wird bezweckt,
1.
die für Europa einmalige naturräumliche Eigenart des Elbsandsteingebietes einschließlich seiner Übergangslagen zu bewahren,
2.
die natürlichen und naturnahen Lebensgemeinschaften sowie einen möglichst artenreichen Tier- und Pflanzenbestand zu erhalten oder zu regenerieren sowie wissenschaftlich zu erforschen,
3.
im Gebiet der Bevölkerung Bildung und Erholung einschließlich Bergsport zu ermöglichen, soweit es der Schutzzweck erlaubt.
(2) In dem Nationalpark wird keine wirtschaftsbestimmte Nutzung bezweckt; er soll aber zur Strukturverbesserung im Landschaftsschutzgebiet Sächsische Schweiz beitragen.

§ 4Schutzzonen

(1) Das Gebiet des Nationalparkes wird in die Schutzzonen I, II und III gegliedert.
(2) Die Schutzzone I (Kernzone) umfaßt folgende Bereiche:
1.
In der Vorderen Sächsischen Schweiz
a)
im Nordwesten und Norden
b)
im Osten
c)
im Süden
d)
im Westen
2.
In der Hinteren Sächsischen Schweiz
a)
im Westen
b)
im Norden
c)
im Osten
(3) Der Schutzzone II (Entwicklungs- und Pflegezone) werden alle nicht in den Schutzzonen I und III enthaltenen Flächen zugeordnet.
(4) Die Schutzzone III (Erholungszone) umfaßt folgende Bereiche:
1.
In der Vorderen Sächsischen Schweiz
a)
Bereich zwischen Basteistraße, Wehlstraße, Steinerner Tisch, Fremdenweg, Weg durch das Eisenbahnergründel bis zum Elbweg, Nationalparkgrenze um die Ortslage Rathen, Füllhölzelweg, Knotenweg, Pionierweg, Amselgrund, Weg durch die Schwedenlöcher, Gansweg zurück zur Basteistraße/Abzweig Wehlstraße;
b)
Gamrig bei Rathen zwischen Straße von Waltersdorf, Weg zum Koppelsgrund, Gemarkungsgrenze nördlich Gamrig und Waldrand;
c)
Lilienstein, Abt. 2278a (n.e.);
d)
Hockstein, Zugang und Aussichtsplateau (Nichtholzboden 69 in Abt. 2241);
2.
in der Hinteren Sächsischen Schweiz
a)
Falkenstein und Vordere Schrammsteine zwischen Wenzelweg, Falkensteingründel, Nasse Tilke, Elbleitenweg, Breite Kluft, Schwarzes Loch, Zeughausweg, Wildwiese und Wenzelweg;
b)
Neuer Wildensteig (Kuhstall) zwischen Kuhstallstraße, Schneise 13 und Haussteig;
c)
Obere Schleuse Hinterhermsdorf (Kahnfahrt);
(5) Die Grenzen der Schutzzonen sind in den in § 2 Abs. 4 genannten Karten eingetragen.

§ 5Gebote

(1) Im Nationalpark ist es geboten,
1.
in der Schutzzone I vorrangig durch geeignete Schutzmaßnahmen die ungestörte Entwicklung natürlicher und naturnaher Lebensgemeinschaften zu sichern sowie gestörte Lebensgemeinschaften in natürliche oder naturnahe Zustände zu überführen,
2.
in den Schutzzonen II und III vorrangig durch gezielte Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen die biotoptypische Mannigfaltigkeit der heimischen Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten und zu fördern,
3.
in der Schutzzone III die Erholungsnutzung so zu gestalten, daß Beeinträchtigungen der Naturausstattung vermieden oder verringert werden,
4.
durch geeignete Maßnahmen der Verkehrs- und Besucherlenkung den Ruhecharakter des Gebietes insgesamt stärker auszuprägen,
5.
die Bestandregulierungen von wildlebenden Tierarten entsprechend den Zielsetzungen für den Nationalpark durch die oder im Auftrag der Nationalparkverwaltung vorzunehmen,
6.
den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn vorrangig zu Fragestellungen der Nationalparkentwicklung zu ermöglichen und zu fördern.
(2) Zur Umsetzung der in Absatz 1 genannten Gebote sowie zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung des Nationalparkes soll innerhalb von zwei Jahren ein Pflege- und Entwicklungsplan erstellt werden.

§ 6Verbote

(1) Im Nationalpark sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Schutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung führen können. Insbesondere ist es verboten,
1.
Bodenbestandteile abzubauen, Grabungen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen, die Bodengestalt in sonstiger Weise zu verändern, natürliche Felsbildungen sowie Gesteinswände und -flächen zu beschädigen oder zu zerstören, Mineralien und sonstige Bodenschätze zu suchen, zu gewinnen oder sich anzueignen,
2.
die natürlichen Wasserläufe sowie deren Ufer oder Quellen, den Grundwasserstand sowie den Wasserzulauf und den Wasserablauf zu verändern oder über den örtlichen Trinkwasser- und Gemeingebrauch hinaus Wasser zu entnehmen,
3.
die Lebensbereiche (Biotope) der Pflanzen und Tiere zu stören oder zu verändern,
4.
Pflanzen einzubringen und Tiere auszusetzen,
5.
Pflanzenbehandlungsmittel oder sonstige Chemikalien auszubringen,
6.
Pflanzen jeglicher Art oder ihre Bestandteile zu entnehmen oder zu beschädigen sowie deren Wurzeln, Knollen oder Zwiebeln auszureißen, auszugraben oder mitzunehmen,
7.
freilebenden Tieren nachzustellen, sie zu füttern, sie mutwillig zu beunruhigen, zum Fang der freilebenden Tiere geeignete Vorrichtungen anzubringen, diese Tiere zu fangen oder zu töten, ihre Brut- und Wohnstätten oder Gelege aufzusuchen, fortzunehmen oder zu beschädigen,
8.
bauliche Anlagen und Werbeanlagen zu errichten oder zu verändern, auch wenn hierfür keine Baugenehmigung erforderlich ist; dies gilt insbesondere für das Aufstellen von Buden und Verkaufsständen,
9.
bauliche Anlagen einschließlich der dazugehörigen Flächen sowie Gärten bestimmungswidrig und zu anderen als den bisher üblichen Zwecken zu verwenden,
10.
oberirdische Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen zu errichten sowie Straßen, Wege und Stiegen neu anzulegen oder zu erweitern,
11.
ausgewiesene Wege und touristisch erschlossene Stiegen und Plätze zu verlassen sowie aus Naturschutzgründen ständig oder zeitweise gesperrte Gebietsteile zu betreten,
12.
außerhalb der Fahrbahnen der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege und beschilderten Park- und Rastplätze mit Kraftfahrzeugen aller Art oder mit Wohnwagen zu fahren oder diese dort abzustellen sowie außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten oder hierfür ausdrücklich zugelassenen Straßen und Wege zu reiten, mit bespannten Fahrzeugen oder Fahrrad zu fahren,
13.
zu zelten, Wohnwagen und Wohnmobile aufzustellen, außerhalb von Gebäuden Feuer zu machen oder zu nächtigen,
14.
die Gewässer für Freizeitzwecke, einschließlich Baden, zu benutzen,
15.
Bild- und Schrifttafeln sowie Wegemarkierungen ohne Genehmigung der Nationalparkverwaltung anzubringen oder zu verändern,
16.
die Ruhe der Natur oder den Naturgenuß durch Lärmen oder auf andere Weise zu stören.
17.
das Gelände einschließlich der Gewässer zu verunreinigen,
18.
Hunde, ausgenommen Jagdhunde bei der Ausübung der Wildbestandsregulierung im Vollzug von § 5 Abs. 1 Nr. 5 frei laufen zu lassen,
19.
organisierte Veranstaltungen aller Art, ausgenommen Veranstaltungen (Führungen, Wanderungen usw.) unter der Leitung oder mit Genehmigung der Nationalparkverwaltung, durchzuführen,
20.
Felsklettern an anderen als an den von der Nationalparkverwaltung bestätigten Kletterfelsen und Kletterwegen sowie an nassem oder feuchtem Gestein durchzuführen oder dabei künstliche Hilfsmittel zu benutzen,
21.
mit Luftfahrzeugen, Hanggleitern und Gleitschirmen zu starten oder zu landen oder Modellfluggeräte zu betreiben,
22.
Übungen ziviler Hilfs- und Schutzdienste ohne Genehmigung der Nationalparkverwaltung durchzuführen.
(2) Weiter ist es verboten, Geräte mitzuführen, die ausschließlich oder überwiegend für Handlungen benutzt werden können, die gemäß Absatz 1 verboten sind.

§ 7Ausnahmen

(1) Ausgenommen von den Verboten des § 6 sind:
1.
unaufschiebbare Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen sowie für erhebliche Sachwerte,
2.
Maßnahmen der Grenztruppen, der Zollverwaltung, der Polizei und der Feuerwehr im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse,
3.
Maßnahmen der Nationalparkverwaltung, deren Beauftragten sowie sonstiger Nutzungsberechtigter, die ausschließlich dem Zweck des § 3 dienen,
4.
die im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 8 Abs. 7) ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung der bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen, soweit in dem gemäß § 5 Abs. 2 zu erstellenden Pflege- und Entwicklungsplan nicht etwas anderes vorgesehen ist,
5.
der mit der Nationalparkverwaltung abgestimmte Einsatz von Pflanzenbehandlungsmitteln oder sonstigen Chemikalien auf Waldflächen der Schutzzonen II und III,
6.
die Nutzung der Standgewässer Amselsee bei Rathen und Obere Schleuse Hinterhermsdorf für Freizeitzwecke (Kahnfahrt),
7.
das Befahren der gesperrten Straßen und Wege mit Kraftfahrzeugen durch Angehörige von staatlichen Verwaltungen oder deren Beauftragten bei zwingend notwendigen Dienstfahrten sowie durch Sonstige mit Genehmigung der Nationalparkverwaltung,
8.
das Verlassen ausgewiesener Wege und touristisch erschlossener Stiegen und Plätze durch Bergsteiger zur unmittelbaren Ausübung des Klettersportes an den von der Nationalparkverwaltung bestätigten Kletterfelsen und Kletterwegen unter Beachtung vorhandener Sondermarkierungen,
9.
das Freiübernachten in Felsgebieten der Schutzzonen II und III, soweit dies in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung des Klettersportes erfolgt und der Schutzzweck dadurch nicht beeinträchtigt wird.
(2) Weiter bleiben die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung auf Grund besonderer Genehmigungen und Rechte zulässigen Maßnahmen unberührt. Soweit diese Maßnahmen mit dem Schutzzweck (§ 3) nicht vereinbar sind, sollen sie im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten so schnell wie möglich abgebaut werden.

§ 8Befreiungen

(1) Von den Verboten des § 6 kann auf Antrag im Einzelfall Befreiung gewährt werden, wenn
1.
die Durchführung der Vorschriften
a)
zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutzzweck des Nationalparkes (§ 3) zu vereinbaren ist oder
b)
zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde oder
2.
überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern.
(2) Zuständig für die Erteilung der Befreiung ist die Aufsichtsbehörde der Nationalparkverwaltung; die Aufsichtsbehörde kann diese Aufgabe ganz oder teilweise delegieren.

§ 9Einvernehmen

Das Einvernehmen mit der Nationalparkverwaltung ist herzustellen bei
1.
der Aufstellung von Bauleitplänen
2.
Maßnahmen zur Unterhaltung der Straßen und Wege sowie Gewässer.

§ 10Entschädigungen für Nutzungsbeschränkungen

Werden Eigentümern oder anderen Nutzungsberechtigten durch diese Verordnung oder durch Maßnahmen auf Grund dieser Verordnung Beschränkungen ihrer Nutzungsrechte oder Pflichten in einem Ausmaß auferlegt, das über die Sozialbindung des Eigentums hinausgeht, so haben sie Anspruch auf Entschädigung. Diese muß die Vermögensnachteile, die durch die Maßnahmen verursacht wurden, angemessen ausgleichen.

§ 11Vorrang dieser Verordnung

Die Bestimmungen dieser Verordnung gehen den Bestimmungen der bestehenden naturschutzrechtlichen Beschlüsse, Verordnungen oder Anordnungen für dieses Gebiet vor.

§ 12Schlußbestimmung

Die Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 in Kraft.

Schlußformel

Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik

Anlage

Anhang EVAuszug aus Artikel 3 der Vereinbarung zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages vom 18.9.1990 (EinigVtrVbg) (BGBl. II 1990, 885, 1239)

Artikel 3 Das nachfolgend aufgeführte Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt nach Wirksamwerden des Beitritts in Kraft. Artikel 9 Abs. 4 des Vertrags gilt entsprechend. ... 1.bis 29. ...Zu Kapitel XII (Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit) 30.a)bis d) ...e)Verordnung über die Festsetzung des Nationalparks Sächsische Schweiz vom 12. September 1990 (Sonderdruck Nr. 1470 des Gesetzblattes)f)bis n) ...mit folgender Maßgabe:Die Verordnungen gelten mit der Maßgabe, daß sie auf den Neubau, den Ausbau und die Unterhaltung von Bundesverkehrswegen keine Anwendung finden. Bei der Durchführung der genannten Maßnahmen ist der Schutzzweck der Verordnungen zu berücksichtigen....