Verordnung über die Übermittlung von Auskünften an die Nachrichtendienste des Bundes

Ausfertigungsdatum: 11.10.2012Text auf gesetze-im-internet.de

Weitere InformationenVollzitat:"Nachrichtendienste-Übermittlungsverordnung vom 11. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2117), die zuletzt durch Artikel 7 Absatz 29 des Gesetzes vom 12. Mai 2021 (BGBl. I S. 990) geändert worden ist"Status:Zuletzt geändert durch Art. 7 Abs. 29 G v. 12.5.2021 I 990Fußnote:
(+++ Textnachweis ab: 17.10.2012 +++)

Eingangsformel

Auf Grund des § 8b Absatz 8 Satz 1 bis 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) eingefügt worden ist, auch in Verbindung mit § 4a Satz 1 des MAD-Gesetzes, der zuletzt durch Artikel 2 Nummer 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) geändert worden ist, und auch in Verbindung mit § 2a Satz 1 des BND-Gesetzes, der zuletzt durch Artikel 3 Nummer 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium der Verteidigung:

§ 1Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung regelt die Form und das Verfahren von Auskünften, die auf Grund von Anordnungen nach § 8a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, auch in Verbindung mit § 4a Satz 1 des MAD-Gesetzes oder § 3 Satz 1 des BND-Gesetzes, zu erteilen sind.
(2) Durch diese Verordnung wird keine Verpflichtung begründet, personenbezogene Daten zu einem Betroffenen zu erheben oder gespeicherte Daten inhaltlich zu überprüfen.

§ 2Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung sind
1.
„Nachrichtendienste des Bundes“ das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst,
2.
„Auskunftsersuchen“ Ersuchen auf Grund von Anordnungen nach § 8a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, die an einen Verpflichteten gerichtet sind,
3.
„Verpflichteter“ jede nach § 8b Absatz 6 in Verbindung mit § 8a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verpflichtete Stelle,
4.
„Sektoren“ jeweils die folgenden Wirtschaftszweige:
a)
Luftfahrtunternehmen,
b)
Computerreservierungssysteme und Globale Distributionssysteme für Flüge,
c)
Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierinstituten und Finanzunternehmen sowie
d)
Teledienste im Sinne des § 8a Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes.
(2) DIN-, ISO- und ISO/IEC-Normen, auf die in dieser Verordnung verwiesen wird, sind im Beuth-Verlag GmbH, Berlin und Köln, erschienen und beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt, soweit nichts anderes angegeben ist.

§ 3Datenübermittlung

(1) Der Verpflichtete hat Auskünfte als Datensätze auf Datenträgern der Art CD-ROM nach der Norm ISO/IEC 10149:1995 (Datum der Veröffentlichung: Juli 1995), DVD-R nach der Norm ISO/IEC 20563:2001 (Datum der Veröffentlichung: Juni 2001), DVD-R DL nach der Norm ISO/IEC 12862:2011-05 (Datum der Veröffentlichung: Mai 2011), DVD+R nach ISO/IEC 17344:2009 (Datum der Veröffentlichung: Juni 2009) oder DVD+R DL nach der Norm ISO/IEC 25434:2008 (Datum der Veröffentlichung: Dezember 2008) zu übermitteln. Der Verpflichtete kann ausnahmsweise Auskünfte auf Papier oder durch Telefax übermitteln, wenn auf die Anfrage keine Datensätze zu übermitteln sind, oder wenn eine Übermittlung in anderer Form wegen eines unverhältnismäßigen Aufwands, auch unter Berücksichtigung des Schutzes der zu übermittelnden personenbezogenen Daten, nicht zumutbar ist.
(2) Die Übermittlung erfolgt an eine vom betroffenen Nachrichtendienst des Bundes benannte Anschrift durch einen geschäftsmäßigen Erbringer von Postdiensten in einer Versandart mit Nachweis oder durch eine natürliche Person, die in einem Arbeitnehmerverhältnis zum Verpflichteten oder zu einem Unternehmen steht, das gemeinsam mit dem Verpflichteten einen Konzern (§ 18 des Aktiengesetzes) bildet. Aus der äußeren Umhüllung der Sendung und aus ihrer Aufmachung darf der Inhalt der Sendung nicht hervorgehen.
(3) Abweichend von den vorstehenden Absätzen kann die Datenübermittlung durch E-Mail erfolgen, sofern der betroffene Nachrichtendienst hierfür einen Zugang eröffnet und dies dem Verpflichteten mitgeteilt hat.
(4) Die auf Datenträgern oder durch E-Mail zu übermittelnden Daten sind vor der Übermittlung unter Nutzung eines nach dem jeweiligen Stand der Technik sicheren, vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik zugelassenen und vom betroffenen Nachrichtendienst dem Verpflichteten mitgeteilten Verschlüsselungsverfahrens zu verschlüsseln.
(5) Stellt der betroffene Nachrichtendienst des Bundes bei Annahme der Daten Mängel fest, die deren Auswertung beeinträchtigen, insbesondere dass die Datensätze unvollständig sind, hat er die Daten durch Erklärung zurückzuweisen. Der Verpflichtete ist dabei über die festgestellten Mängel zu unterrichten. Sofern die Unterrichtung personenbezogene Daten enthält, ist Absatz 2 und, wenn die Unterrichtung elektronisch erfolgt, Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Die Mängel sind unverzüglich zu beheben und die zurückgewiesenen Datenübermittlungen erneut in mangelfreier Form durchzuführen.

§ 4Abwicklung der Auskunft

(1) Die Auskunftsersuchen werden schriftlich unter Setzung einer angemessenen Frist für die Übermittlung der Daten an die Verpflichteten übermittelt. Sie enthalten nach § 8b Absatz 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes nur die personenbezogenen Daten, die erforderlich sind, um dem Verpflichteten die Erfüllung seiner Verpflichtung zu ermöglichen. Sofern das Auskunftsersuchen personenbezogene Daten enthält, gilt § 3 Absatz 2 bis 4 entsprechend.
(2) Dem Auskunftsersuchen ist ein Formblatt für die Beantragung der Entschädigung nach § 7 Absatz 2 beigefügt, sofern der betroffene Nachrichtendienst des Bundes mit dem Verpflichteten nicht die Erstellung von Sammelrechnungen vereinbart hat. Sofern ein Formblatt nach Satz 1 vorgesehen ist, ist es für die Beantragung der Entschädigung zu verwenden.

§ 5Übermittlungsformat und Anforderungen an Auskunftsersuchen

(1) Die Datensätze sind im XML-Format nach W3C-Spezifikation vom 10. Februar 1998 (im Internet veröffentlicht unter http://www.w3.org/TR/REC-xml/; archivmäßig gesichert im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Berlin) zu übermitteln, soweit nicht in Anlage 1 für den betreffenden Sektor abweichende oder genauer festgelegte Formate vorgegeben sind. Soweit dies in Anlage 1 vorgesehen ist, sind Beschreibungen der verwendeten Datensätze oder Hinweise auf kostenfreie, uneingeschränkt abrufbare Veröffentlichungen solcher Beschreibungen im Internet zusammen mit den Datensätzen zu übermitteln.
(2) Der codierte Zeichensatz für eine nach dieser Verordnung vorzunehmende Datenübermittlung hat vorbehaltlich abweichender Festlegungen in Anlage 1 den Anforderungen der DIN 66303:2000-06 (Datum der Veröffentlichung: Juni 2000), zu entsprechen.
(3) Abfragen müssen inhaltlich derart gestaltet sein, dass der Auskunftsverpflichtete auf ihrer Grundlage unter Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten seiner Datensysteme mit vertretbarem Aufwand Auskunft erteilen kann.

§ 6Zulassung von Ausnahmen; einstweilige Beweissicherung

Der betroffene Nachrichtendienst des Bundes und ein Verpflichteter können Abweichungen von den in § 3 Absatz 1, § 5 Absatz 1 und 2 sowie der Anlage 1 enthaltenen Vorgaben für den Einzelfall, für eine Gruppe von Fällen oder allgemein vereinbaren. Abreden nach Satz 1 haben Vorrang vor den Regelungen dieser Verordnung. Verpflichtete sind auch, während entsprechende Verhandlungen geführt werden, zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Datensicherheit muss bei vereinbarten Verfahren gleichwertig zu den in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren sein; insbesondere bleibt § 3 Absatz 2 bis 5 unberührt.

§ 7Entschädigung

(1) Die für die Erteilung von Auskünften zu leistende Entschädigung richtet sich nach Anlage 2. Die Entschädigung wird ausschließlich unbar durch Überweisung auf ein Zahlungskonto gezahlt.
(2) Zur Festsetzung der Entschädigung hat der Verpflichtete beim betreffenden Nachrichtendienst des Bundes einen Antrag auf amtlichem Vordruck zu stellen, in dem der Antragsteller, die ihn vertretende Person, die Fallnummer und die Bankverbindung angegeben sind. Weitere Angaben darf der Antrag nicht enthalten. Sofern zwischen dem betroffenen Nachrichtendienst des Bundes und dem Verpflichteten ein abweichendes Verfahren, insbesondere die Erstellung von Sammelrechnungen, vereinbart wurde oder ein solches Verfahren einvernehmlich praktiziert wird, ist dieses anzuwenden.
(3) Die zur Festsetzung der Entschädigung zuständige Stelle kann die Festsetzung von der Übermittlung eines plausiblen Stundennachweises abhängig machen, sofern die Entschädigung nach zeitlichem Aufwand geleistet wird. Soweit die Entschädigung nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird sie für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei der Zeitaufwand, der bei der Versendung, beim Überbringen oder sonstigen Übermitteln einer Auskunft entsteht, im Gegensatz zur Vorbereitung dieser Handlungen nicht erstattet wird. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt die Entschädigung die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags. Soweit zu entschädigende Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen und die Entschädigung nach zeitlichem Aufwand geleistet wird, ist die Entschädigung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.
(4) Die Angemessenheit der festgesetzten Entschädigungen wird regelmäßig, erstmalig ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung, überprüft.

§ 8Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Anlage 1(zu § 5 Absatz 1)Datenübermittlungsformate für die einzelnen Sektoren

(Fundstelle: BGBl. I 2012, 2120;bzgl. der einzelnen Ändernungen vgl. Fußnote)
1.
Luftfahrtunternehmen/Computerreservierungssysteme und Globale Distributionssysteme für Flüge

2.
Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierinstituten und Finanzunternehmen

Anlage 2(zu § 7 Absatz 1 Satz 1)

(Fundstelle: BGBl. I 2012, 2121;bzgl. der einzelnen Ändernungen vgl. Fußnote)
Lfd. Nr.EntschädigungstatbestandHöhe der Entschädigung in Euro
1Erteilung einer Passagierdatenauskunft durch Luftfahrtunternehmen, Computerreservierungssysteme und Globale Distributionssysteme30 Euro je Stunde Zeitaufwand, mindestens 30 Euro je vollständiger Auskunft.
2Erteilung einer Auskunft durch Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierinstituten und Finanzunternehmena)Für Auskünfte nach Anlage 1 Nummer 2 Buchstabe a:
30 Euro je vollständiger Auskunft und je Konto oder Depot. Unterkonten oder Depots zählen als jeweils eigene Konten oder Depots, auch wenn sie unter derselben Stammnummer geführt werden.
b)Für Auskünfte nach Anlage 1 Nummer 2 Buchstabe b:
30 Euro je Stunde Zeitaufwand.
3Erteilung einer Auskunft durch Teledienste30 Euro je Stunde Zeitaufwand, mindestens 30 Euro je Nutzerkonto eines Teledienstes, mindestens 30 Euro je vollständige Auskunft, wenn der Teledienst keine Nutzerkonten führt.